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Offenhaltung der Landschaft

Feuereinsatz in der Landschaftspflege


 

  1. Einleitung
  2. Ökologische Auswirkungen des Feuers
  3. Feuer-Management
  4. Literatur
  5. Links

Foto: H. Weeber, ALLB Bruchsal

 

1. Einleitung

Wie natur- und kulturgeschichtliche Quellen bezeugen, hat Feuer in Mitteleuropa schon seit prähistorischer Zeit  - vor allem bei trocken-warmem Klima - eine Rolle in der Landschaftsentwicklung gespielt. Erkannte der Mensch zunächst, dass in den aufgelichteten Wäldern ideale Lebensbedingungen herrschen, so sprechen Indizien dafür, dass spätestens im Neolithikum Feuer gezielt für Rodungszwecke eingesetzt wurde (CLARK et. al. 1989 in GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997). So wurden Flächen für den Ackerbau geschaffen, der sich im Neolithikum von Süd-Osten her über Mitteleuropa ausbreitete. Mit der Sesshaftwerdung des Menschen bot die Brandwirtschaft häufig die einzige Möglichkeit, sich mit Feldfrüchten zu versorgen, Weideland zu schaffen und dennoch Nutzholz zu gewinnen. Über Europa hinweg entwickelten sich so zahlreiche Muster der Brandwirtschaft, denen allen gemeinsam ist, „dass nach der Waldrodung das brauchbare Holz entnommen wurde und die restliche Vegetation entweder flächig oder zu Meilern aufgeschichtet verbrannt wurde. In die Asche, die für einige Vegetationsperioden einen gewissen Düngeeffekt ausübte, säte man Getreide (Roggen und Buchweizen), später pflanzte man auch Kartoffeln. Doch schon nach einigen Vegetationsperioden ließ die Düngewirkung so stark nach, dass sich der Ackerbau nicht mehr lohnte. Daraufhin ließ man noch einige Jahre das Vieh auf der Fläche weiden, bis sich nach und nach wieder Wald einstellte, der nach 10 bis 20 Jahren wieder gerodet wurde, und sich so der Kreislauf schloss.“ (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997). In Baden-Württemberg ist vor allem die Reutbergwirtschaft im Schwarzwald bekannt, die erst mit der beginnenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert an Bedeutung verlor. Ab 1870 wurde außerdem die Aufforstung der Reutberge von wechselnden staatlichen Institutionen durch Abgabe von billigem Pflanzgut, Aufforstungsbeihilfen und Prämien gefördert. So hat ABETZ (1955 in GOLDAMMER, MONTAG UND PAGE 1997:22) bei einer Kleinprivatwaldaufnahme der Reut- und Weidfelder in bäuerlicher Hand im Schwarzwald um 1850 etwa 60-70.000 ha und um 1950 nur noch 10.000 ha ermittelt. Seither wurde in Deutschland möglichst versucht, das Feuer aus der Landschaft fernzuhalten. In den USA dagegen entwickelte sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts das Feuer-Management, bei dem Feuer gezielt für Naturschutz und Pflegemaßnahmen eingesetzt wird (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997: 4). In Deutschland ist Feuer in der Landschaftspflege nach wie vor kaum verbreitet.

 

2. Ökologische Auswirkungen des Feuers

Da Feuer in der Landschaft lange Zeit ausgeklammert wurde, fehlt es in Mitteleuropa entsprechend an Forschungsergebnissen zu dem Thema. Vor allem mangelt es an „langfristigen interdisziplinären Ansätzen zu Untersuchungen der Auswirkungen von Feuer auf die vielfältigen Interaktionen von unbelebter Umwelt, Flora und Fauna“ (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:4). Entsprechend lückenhaft sind die vorhandenen Erkenntnisse zu dem Thema.


Je nach Art des Feuers unterscheiden sich die direkten Auswirkungen des Brennens auf den Boden und den dort vorhandenen Lebewesen.

Generell kommt es nach dem Brennen durch die Freilegung des Mineralbodens und/ oder dunkle Ascheauflage zu einer Erhöhung der Bodentemperaturen durch Einstrahlung und der Umgebungstemperatur (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:5), wodurch es zu einem früheren Austrieb der Vegetation kommt.

„Bei kontrollierten Bränden auf Brachflächen in Baden-Württemberg wurde nach dem Feuer eine Abnahme des Bodenwassergehaltes auf trockeneren Standorten festgestellt; auf den feuchteren Standorten traten keine Unterschiede auf“ (SCHIEFER 1983 in GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:5).

Kontrolliertes Brennen führt i.d.R. weder zu einer Aushagerung noch zur Nährstoffanreicherung auf einem Standort (SCHREIBER, BROLL UND BRAUCKMANN 2000: 8). Hinsichtlich der CO2-Bilanz ist das Brennen neutral und schneidet daher wesentlich günstiger ab als mechanisierte maschinelle Pflegemaßnahmen (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:7).

Auswirkungen auf die Vegetation: In den nun seit beinahe 40 Jahren laufenden Bracheversuchen Baden-Württembergs konnten folgende Erkenntnisse zur Vegetationsentwicklung auf Brennflächen gewonnen werden:

  • jährliches Brennen ist i.d.R. geeignet, um Grünlandflächen zu erhalten. In gehölzwüchsigen Gegenden kann jedoch selbst jährliches Brennen das Aufkommen von widerstandsfähigen Gehölzen (z.B. Schlehe) nicht vollständig verhindern. „Größere Brennintervalle beeinträchtigen die sich über unterirdische Ausläufer (Rhizome) vegetativ verbreitenden Zwergstrauch-, Strauch- und Baumarten, aber auch Rosen kaum, da die Wurzeln nicht vernichtet werden und zwischen den Bränden genügend Stoffe aufgebaut und in die Vorratsorgane (Sprossbasis und Wurzelsystem) eingelagert werden können. Allerdings ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit gering und sie bleiben schwächer als ungebrannte Individuen“ (SCHREIBER, BROLL UND BRAUCKMANN 2000: 8).
  • Kontrolliertes Brennen kann Trocken- bis Feuchtgrünlandbestände mittlerer Artenzahl schaffen oder erhalten. Artenverluste und –gewinne gegenüber den Ausgangsgesellschaften gleichen sich ungefähr aus, lediglich gebranntes Feucht- bis Nassgrünland weist häufiger größere Verluste und Artenverarmung auf (SCHREIBER 2000).
  • Gefördert werden v.a. rhizombildende Pflanzen sowie Geophyten, bei schonendem Brennen jedoch auch andere Gräser und Kräuter (SCHREIBER 2002).
  • „Auf den Brennflächen herrscht eine auffällige Dynamik in Artengefüge, Musterbildung und Dominanz, zumal das Abbrennen nie ganz gleichmäßig erfolgt, sondern stellen- oder auch jahresweise bis zur Grasnarbe durchgreift“ (SCHREIBER, BROLL UND BRAUCKMANN 2000: 8).

Foto: S. Krebs

Bild 2: Bracheversuch Oberstetten, Parzelle 1x jährlich Flämmen: Der auf dem Bild sichtbare Teil der Parzelle wurde lange Zeit nur alle 2 Jahre gebrannt, was aber nicht ausgereicht hat, um die deutlich sichtbare Schlehe von der Fläche fernzuhalten, so dass diese seit einigen Jahren auch jährlich gebrannt wird.


Mit Hilfe der Herbochronologie, d.h. der Bestimmung des Alters einer Pflanze anhand von Jahresringen im Wurzelsystem, konnte Prof. Poschlod Erkenntnisse über die Altersstruktur von Beständen gewinnen. Brennparzellen weisen im allgemeinen eine gesunde Populationsstruktur mit vielen jungen aber auch einigen älteren Individuen auf. Nach dem zweiten Jahr gibt es allerdings eine hohe Mortalitätsrate. Des weiteren sind Arten, die im Herbst keimen, auf den Brennparzellen benachteiligt (POSCHLOD mdl. 2002 und 2003).

Im dreijährigen Forschungsprojekt „Feuerökologie und Feuermanagement auf ausgewählten Rebböschungen des Kaiserstuhls“ wird die zukünftige Einsatzmöglichkeit des kleinflächigen und kontrollierten Brennens während des Winters als eine Pflegevariante der Rebböschungen untersucht. Im Zuge dieser Untersuchungen konnten als Ergebnisse außerdem festgehalten werden (PAGE 2000):

  • In den Böschungsgesellschaften zeigten sich in den 3 Jahren nur geringfügige Veränderungen. Weder in der Artenausstattung noch in der Verteilung der Arten konnte ein negativer Trend nachgewiesen werden. Die trockeneren Versuchsstandorte verhalten sich bislang indifferent, wogegen auf den frischeren eine Dynamik ausgelöst wurde.
  • Bei Rhizompflanzen konnte bislang keine Förderung nachgewiesen werden.
  • Bei Gehölzarten nimmt die Mortalitätsrate mit zunehmendem Stammdurchmesser ab. Individuen mit einem über 2cm starken Durchmesser in 30cm Höhe überleben mehrheitlich den Feuereinsatz.

Nach langjährigen Erfahrungen von WEGENER (1993 in GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:5) in Thüringen eignet sich kontrolliertes Brennen sehr gut zur Pflege subkontinental beeinflusster Trockenrasen, Sandtrockenfluren und Gebirgstrockenrasen. Auch für die Regeneration der Heide oder degenerierter Moore erweist sich das Brennen (im Zusammenhang mit Schafbeweidung) als vorteilhaft. So wird die Keimung der Samen der Besenheide durch Temperaturstress gefördert (MIRSCH 1997 in GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:6).

 

Auswirkungen auf die Fauna: Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkungen des Brennens auf Gehäuseschnecken als Repräsentanten für Tiergruppen mit geringer Ausbreitungsfähigkeit am Kaiserstuhl kamen zu folgenden Ergebnissen (RUPP 2000):

  • Die Anzahl lebender Gehäuseschnecken war auf den Brandflächen gegenüber den Kontrollflächen um mehr als die Hälfte geringer.
  • Im Ausbreitungsverhalten von Zebrina detrita konnten keine Unterschiede zwischen Brand- und Kontrollfläche festgestellt werden.
  • Der Verbrennungsgrad der Leergehäuse (,die von verschiedenen Arthropoden als Versteck, Nistplatz und Überwinterungsquartier genutzt werden,) war bei den verschiedenen Arten unterschiedlich und lag zwischen 10 und 25%

Eine von LUNAU UND RUPP (1988 in PAGE, RUPP u.a. 2000) in den 80er Jahren durchgeführte Untersuchung ergab, dass auf Brandflächen die Individuenzahlen von Asseln, Spinnen, Insekten und Schnecken deutlich niedriger waren als auf den entsprechenden Kontrollflächen. Dennoch konnten auf über mehrere Jahren geflämmten Flächen noch vergleichsweise hohe Individuenzahlen feuergefährdeter Arten gefunden werden. Dies wird auf eine hohe Einwanderung aus angrenzenden unbeeinflussten Böschungsbereichen zurückgeführt.

Verschiedene Untersuchungen belegen, dass mobile thermo- und xerophile Arten eher positiv auf das Brennen reagieren, die weniger mobilen und eher an feuchtere Standorte angepasste Arten werden dagegen eher negativ beeinflusst (ZIMMERMANN 1978, HOFFMANN 1980 u.a.).

 

3. Feuer-Management

Es gibt verschiedene Brenntechniken, die sich in ihren Auswirkungen unterscheiden:

  • „Bei einem Ringfeuer wird das Feuer kreisförmig um die zu brennende Fläche gelegt und die Feuerfronten treffen im Zentrum der Brandfläche aufeinander. Durch das konvektive Verhalten der Luftströmung entsteht ein Sog, der ein Feuer mit sehr hoher Intensität entstehen lässt. Diese Brenntechnik eignet sich beispielsweise zur Beseitigung unerwünschter Gehölzverjüngung.“ (GOLDAMMER, PAGE UND PRÜTER 1997:9)
  • Beim heißen Gegenwindfeuer wird das Feuer gegen die Hauptwindrichtung gelegt. Dadurch wird die Fortschrittsgeschwindigkeit des Feuers wesentlich verlangsamt und das Brennmaterial verbrennt vollständiger. Das Temperaturmaximum wird in Bodennähe verlagert. Diese Feuerart wird v.a. zum Brennen von Heiden angewandt SCHREIBER 2000).
  • Das kalte Lauf- oder Mitwindfeuer wird mit der Windrichtung gebrannt. Das Feuer läuft schnell über die Fläche und entwickelt hohe Temperaturen (bis 1000°C) im oberen Flammenbereich. Die Verbrennung der Bodenauflage ist jedoch meist unvollständig, daher sind die Temperaturen in Bodennähe in der Regel nicht sehr hoch und das Bodenleben wird geschont. Die unteren Streuschichten sollten noch einen Feuchtigkeitsgehalt von >35% aufweisen, damit sie nicht sofort mitbrennen und die Verdunstungskälte dort die Hitze reduziert. Kaltes Feuer wird i.d.R. angewandt, um die Streuschicht auf Acker- und Grünlandbrachen zu reduzieren, die Auswirkungen einer Mahd werden nachgeahmt (SCHREIBER 2000).

Die verschiedenen Brenntechniken werden je nach gewünschtem Ziel eingesetzt. Generell gilt zu beachten:

  • Um reinen Pyrophytenfluren vorzubeugen und die Fauna zu schonen, sind kalte Mitwindfeuer zu bevorzugen. Die Anwendung dieser Art Feuer sollte innerhalb der Phase der Winterruhe bei tiefen Temperaturen erfolgen, wenn viele Tiere inaktiv sind und im Boden überwintern (PAGE, RUPP, u.a. 2000).
  • Heiße Feuer können dagegen zwischen Spätfrühjahr und Sommer erfolgversprechend sein. Bewegliche Tiere haben dann die Chance, vor dem Feuer zu fliehen (GOLDAMMER; PAGE UND PRÜTER 1997:11).
  • Die Feuerintensität ist i.d.R. in den frühen Nachmittagsstunden, kurz nachdem die Einstrahlung ihren Höhepunkt erreicht hat und die relative Luftfeuchtigkeit und Feuchtigkeit des schwachen Brennmaterials am niedrigsten sind, am höchsten (GOLDAMMER; PAGE UND PRÜTER 1997:11).
  • Feuer sollte i.d.R. nur kleinflächig und abschnittsweise angewandt werden, damit eine faunistische und floristische Wiederbesiedlung problemlos möglich ist. Von Vorteil für die Wiederbesiedlung sind außerdem lange Grenzlinien zum nicht gebrannten Gebiet (RUPP 2000).
  • Aus faunistische Gesichtspunkten sollte nicht jährlich gebrannt werden (RUPP 2000); insbesondere zum Erhalt von Acker- und Grünlandbrachen kann dies jedoch notwendig sein, um einer Besiedlung mit Gehölzen vorzubeugen (SCHREIBER 2000).
  • Sinnvoll kann auch die Anwendung kombinierter Verfahren sein, wie sie z.B. im Neustädter Moor (Niedersachsen) angewandt werden. Hier wird die Fläche nach dem Brennen im Frühjahr von Schafen beweidet, wodurch es zu dem gewünschten langfristigen Nährstoffaustrag kommt (GOLDAMMER; PAGE UND PRÜTER 1997:6).

Sofern keine anderen Schutzgründe dagegen sprechen, bietet sich der Einsatz von Feuer in der Landschaftspflege vor allem an

  • auf Flächen, die mit zahlreichen Strukturelementen ausgestattet sind (Lesesteinhaufen, Findlinge, Baumgruppen etc.), wo der Maschineneinsatz schnell an seine Grenzen stößt.
  • auf sehr steilen Flächen.
  • auf Flächen, auf denen aus edaphischen Gründen der Einsatz großer Maschinen ungünstig ist, da es zu Bodenverdichtungen, Bodenverwundungen oder Veränderungen des Mikroreliefs kommen kann (z.B. Moorböden).

Wichtig beim Einsatz von Feuer in der Landschaftspflege ist schließlich eine gute Öffentlichkeitsarbeit, da Feuer im Laufe der Jahrzehnte im Bewusstsein der Öffentlichkeit ein Negativimage erlangt hat. So ergab eine Befragung im Umfeld ehemaliger Truppenübungsplätze in Sachsen im Jahre 2001 deutliche Akzeptanzprobleme gegenüber einer Offenhaltung durch kontrolliertes Brennen bei knapp 85% der Bevölkerung. Feuer ist in den Augen der meisten Befragten ein künstliches, naturfeindliches Ereignis (WANNER; ANDERS u.a. 2002).

 

Eine gute Öffentlichkeitsarbeit muss demzufolge „unmissverständlich herausarbeiten, dass es einerseits gilt, einen fachlich begründeten Feuereinsatz zuzulassen, andererseits das unkontrollierte Flämmen von beispielsweise Hecken, Feldgehölzen und Ackerflächen weiterhin zu unterbinden.[...] Konkrete Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind Vorträge, Fortbildungen und öffentliche Informationsveranstaltungen für interessierte Mitbürger, Verbände oder die Naturschutzverwaltungen. Dabei sollten möglichst viele und unterschiedliche Träger öffentlicher Belange eingebunden werden, um eine interdisziplinäre Diskussion anzuregen und Lösungsansätze zu erarbeiten, die einen möglichst großen Rückhalt in der Öffentlichkeit finden.[...] Dabei kann es sich als sinnvoll erweisen, die Ziele des Feuereinsatzes in der Landschaftspflege an bestimmten bekannten Zielarten (z.B. dem Birkhuhn) festzumachen“ (GOLDAMMER; PAGE UND PRÜTER 1997:12).

 

 

6. Literatur

7. Links

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