Page 8 - Landinfo 5/2018 - Schwerpunkt Düngung
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Schwerpunktthema
Dr. Helga Pfleiderer
Düngeverordnung - Ziele und Herausforderungen
Nach jahrelangen und zähen Diskussionen wurde die neue Düngeverordnung Ende März 2017 vom
Bundesrat beschlossen. Sie wurde am 1. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist einen
Tag später in Kraft getreten. Die „Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfs-
stoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis
beim Düngen (Düngeverordnung - DüV)“ regelt wie der volle Name sagt; die gute fachliche Praxis der
Düngung. Neben diesen allgemeinen Grundsätzen ist die DüV aber in Deutschland auch das zentrale
und wichtigste Instrument zur Umsetzung der Nitratrichtlinie, der Wasserrahmenrichtlinie und zur
Minderung der Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft als Beitrag zur Umsetzung der Richtlinie
(EU) 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe
(NERC-Richtlinie).
ie letzte Düngeverordnung datierte von Messnetz (alle Messstellen) liegt der Wert bei
D2006. Eigentlich muss zur Umsetzung 8,6 % (bundesweit 18,1%). Sich nur auf Nit-
der Nitratrichtlinie alle vier Jahre ein neues rat zu fokussieren, wäre ohnehin zu kurz ge-
sogenanntes Aktionsprogramm fortgeschrie- sprungen. Auch die Landwirtschaft in Baden-
ben werden. Die Novellierung stand daher Württemberg hat einen zu hohen Stickstoff-
zuletzt unter hohem Zeitdruck und sollte überschuss (brutto), der sich bundesweit eher
gleichzeitig den verschiedensten Interessen in im oberen Mittelfeld bewegt. Dabei ist die
ganz Deutschland und den unterschiedlichen Landwirtschaft zunehmend gefordert auch
politischen Forderungen genügen. In diesem einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und
Zusammenhang wurde gleichzeitig das Dün- steht insbesondere wegen der Ammoniake-
gegesetz umfassend geändert und eine Ver- missionen, welche zu ca. 95 % aus der Land-
ordnung zur Stoffstrombilanzierung neu ein- wirtschaft stammen, in der Kritik. Daher be-
geführt. Dieses komplexe Zusammenwirken steht in Baden-Württemberg sowohl aus öko-
zum sogenannten Düngepaket machte den logischer als auch ökonomischer Sicht weite-
Abstimmungsprozess schwierig. Letztlich rer und flächendeckender Handlungsbedarf.
kam die Novellierung der DüV dann nicht
mehr rechtzeitig, um die 2016 von der EU- Wesentliche Kritikpunkte der EU-Kommissi-
Kommission gegen Deutschland erhobene on in Bezug auf die DüV von 2006 (gültig bis
Klage wegen unzureichender Umsetzung der 2017) sind:
Nitratrichtlinie noch abzuwenden. Am 21.
Juni 2017 wurde Deutschland verurteilt. • die Konkretisierung der Düngebedarfser-
mittlung (Kritik an zulässigem N-Über-
schuss)
Handlungsbedarf bei • unzureichende Sperrzeiten (keine Sperrzeit
Stickstoffüberschüssen für Festmist bzw. zu kurze Sperrzeiten)
• nicht ausreichend große Dungbehälter (La-
Zwar bezieht sich das Urteil noch auf den gerkapazitäten – keine Vorgaben für Fest-
Nitratbericht 2012 und die DüV von 2006 mist)
und Baden-Württemberg ist hinsichtlich der • Stickstoffobergrenze für organische Dün-
Nitratbelastung des Grundwassers ver- ger (Derogation war befristet)
gleichsweise gut aufgestellt. Aber auch nach • Düngung auf stark geneigten Flächen
dem Nitratbericht 2016 (Berichtszeitraum • Düngung auf Schnee bedeckten und gefro-
2012 bis 2014) wird im neuen EU-Nitrat- renen Flächen
messnetz (Teilmessnetz Landwirtschaft) der
Grenzwert der Grundwasserverordnung in Derzeit steht Deutschland in schwierigen
Baden-Württemberg an 18,7 % (bundesweit Verhandlungen mit der EU-Kommission. Ob
28 %) der Messstellen überschritten, im EUA- nun die Vorgaben der neuen DüV ausrei-
8 Landinfo 5 | 2018